Liebe Doris Lessing,
bitte lassen Sie mich Ihnen etwas erklären: Das Internet ist ein Medium, genau wie ein Buch oder ein Stück Papier, wenn sie so wollen. Wie man es inhaltlich füllt oder wofür man es verwendet, das bleibt (Vorsicht: Große Überraschungserkenntnis!) komplett dem jeweiligen Nutzer überlassen. Dass Sie in ihrer Rede zur Verleihung des Nobelpreises die Literatur und das Internet als diametral zueinander stehend betrachten, beweist, dass Sie genau das nicht verstanden haben. Und dass Sie oben drauf die Behauptung setzten, die Gesellschaft hätte sich noch nie gefragt, wie sich das Leben und die Denkweise durch die Vernetzung verändert hat, scheint mir so absurd, dass ich nur noch den Kopf schütteln kann, aber, und das soll kein Angriff sein, es ist ja nun wirklich nichts außergewöhnliches, wenn man in Ihrem hohen Alter nur eine diffuse Vorstellung von den etwas moderneren (ich scheue mich, hier noch das Wort „modern“ zu gebrauchen) Technologien und Forschungsrichtungen (Stichwort: Medienwissenschaft) hat.
Fragen Sie das nächste Mal doch bitte jemanden, bevor Sie wieder über etwas sprechen, das Sie selbst nicht kennen. Ich biete mich hiermit als Ansprechpartner an.
Ihr gleichermaßen literatur- wie internetaffiner
S. Baumer
Montag, 10. Dezember 2007
Briefing (IX)
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