Erinnerst Du Dich an den Tag, an dem wir in diesen kleinen Ort gefahren sind und dort in einem komischen Restaurant über der Stadt, in dem außer uns nur Rentner waren, Kuchen gegessen haben? Wir waren zu dem Zeitpunkt schon Wochen getrennt, aber diesen einen Tag hatten wir noch zusammen, auch wenn ich nicht mehr genau weiß, wie er eigentlich zustande kam. Wir fuhren auf einer Sommerrodelbahn (mitten im Winter) in einem gelben Gefährt den Hügel wieder hinunter und ich drückte auf das Gas, als ob es keinen Morgen gegeben hätte. Für mich gab es zu diesem Zeitpunkt wirklich keinen. Als wir anschließend auf dem Weg waren, Klaus einen wirklich merkwürdigen Spontanbesuch abzustatten, der nur den Zweck hatte, den Tag nicht schon zu beenden, sagtest Du im Auto: "Hey, jetzt sind wir genau wie Julia und Nicki", und ich antwortete: "Nein. Wir werden nie sein wie Julia und Nicki", und dann weinten wir beide.
Die Frage, ob Du Dich erinnerst, ist eigentlich (fast) keine rhetorische, denn nach Begegnungen wie der heutigen fragte ich mich immer, ob Du an genau dem Tag nach Hause gekommen bist, diesen futuristischen Weinöffner an einer teuflisch genau berechneten Stelle an Deinem Kopf angesetzt und die komplette Erinnerung an mich einfach rausgeholt hast. Immer wenn wir uns danach trafen, benahmst Du Dich nämlich so, als ob wir uns nie gekannt hätten und irgendwann hätte ich fast angefangen, Dir das abzukaufen. Es wäre zutiefst verstörend, wenn man sich tatsächlich so fremd werden könnte, wenn man sich einmal so nah war.
Freitag, 17. Oktober 2008
Rückspiegel (XVI)
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1 Kommentar:
Um sich so fremd zu sein, muß man sich mal sehr nahe gestanden haben.
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